Stefan Wilsmanns Veröffentlichung „Individuelle Förderung im Kunstunterricht“ (2019) widmet sich umfangreich und praxisnah dem Umgang mit Heterogenität und Vielfalt im Fach Kunst.
Wilsmann schreibt dabei aus der Perspektive des Praktikers, bedient sich aber auch fachdidaktischer Theorien. Ganz im Sinne seiner grundsätzlichen Haltung, Vielfalt wertzuschätzen, wählt er jedoch nicht eine Position, sondern bezieht sich im Verlauf seiner Ausführungen auf verschiedene gängige fachdidaktischen Positionen (Buschkühle, Sowa und Krautz, Niehoff u.a.) sowie auf Theorien und Modelle aus der allgemeinen Didaktik und Unterrichtsforschung (Helmke, Leisen u.a.)
Zur Strukturierung seines Buches orientiert er sich am SELBST-Modell, welches sechs Aspekte „guten“, differenzsensiblen (Kunst-)Unterrichts umschreibt:
Selbstbestärkend | Wie initiiere ich selbstbezogene gestalterische Lösungen? |
Ermöglichend | Wie ermögliche ich Leistung? |
Lebensnah | Wie binde ich Kunst ans Leben an? |
Bindung erzeugend | Wie erzeuge ich positive Bindungen an den Kunstunterricht? |
Strukturiert | Wie strukturiere ich Lehr-Lerneinheiten? |
Transparent | Wie schaffe ich Transparenz? |
Diese sechs Aspekte bilden jeweils ein Kapitel, in dem je fünf bis 13 entsprechende „Praxistipps“ in unterschiedlicher Länge und Ausführlichkeit beschrieben werden. Die sehr praxisnahen Ausführungen werden flankiert von vielen aufschlussreichen und anregenden Bildbeispielen von Schüler*innenarbeiten und zahlreichen konkreten Unterrichtsbeispielen mit Arbeitsanweisungen bis hin zu Klausuraufgaben. Am Ende eines jeden Kapitels befindet sich eine themenbezogene Literaturliste zur individuellen Vertiefung.
Ein umfangreiches Download- Paket bietet darüber hinaus Diagnoseaufgaben und entsprechende Auswertungsbögen zu verschiedenen Bereichen des Kunstunterrichts sowie weiteres Material zum unmittelbaren Einsatz im eigenen Unterricht.
Praktiker*innen werden die ausgeprägte Praxisnähe zu schätzen wissen, die sich nicht nur in den vielen Aufgabenvorschlägen und Beispielen von Schüler*innenarbeiten zeigt. Gerade im Bereich Methodik gibt es viele Anregungen auf unterschiedlichen Ebenen. Das Buch ist zudem unterhaltsam und lebensnah geschrieben. Spitzfindigere Theoretiker*innen haben jedoch möglicherweise Schwierigkeiten mit zum Teil stark verkürzten Argumentationen und damit, dass Zitate nicht immer einwandfrei wiedergegeben und verwendet werden.
Aber, und darauf weist der Autor selbst in den Danksagungen am Ende hin: „Dieses aus der unmittelbaren Schulpraxis kommende Buch ist gedacht für Praktikerinnen und Praktiker“ (S. 187). Und für diese ist es eine kostbare Fundgrube für Anregungen zum differenzsensiblen Unterrichten im Fach Kunst, die es in dieser Form bisher nicht gab.
Fazit
Dieses Fachbuch ist insbesondere empfehlenswert für Berufsanfänger*innen bzw. Studierende und angehende Lehrer*innen im Referendariat, aber auch engagierte erfahrenere Kunstlehrende werden darin viele nützliche Anregungen und Denkanstöße für den eigenen Unterricht finden.
Wünschenswert wäre nun noch eine Fortsetzung in Form einer klar strukturierten Methodensammlung speziell für den Kunstunterricht, ähnlich der, die Andreas Schoppe 2011 für den Bereich „Bildzugänge“ unter dem gleichnamigen Titel vorgelegt hat.
- Stefan Wilsmann: Individuelle Förderung im Kunstunterricht – Anregungen zum Umgang mit Heterogenität und Vielfalt. Kallmeyer/Klett, 2019, ISBN: 978-3-7727-1328-6, zu beziehen über den Friedrich-Verlag oder bei amazon, 24,95 €
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