„Ich denke jetzt zweimal nach, bevor ich etwas in den Müll werfe“ – Upcycling im Kunstunterricht

Das Jahr neigt sich langsam dem Ende und in den Supermärkten stapeln sich schon seit Wochen kurzlebige weihnachtliche Geschenkideen. Um dem unreflektierten Konsum etwas entgegenzusetzen, hier eine kleine Anregung für alternative vorweihnachtliche Kunststunden: Upcycling im Kunstunterricht.

Was ist Upcycling?

Der Begriff Upcycling fand laut wikipedia erstmals 1994 Erwähnung, als der Ingenieur Reiner Pilz einer britischen Zeitung gegenüber äußerte:

„‚Recycling‘, he said, ‚I call it down-cycling. They smash bricks, they smash everything. What we need is up-cycling where old products are given more value, not less.‘“

Es geht beim Upcycling darum, ausrangierten Materialien und Gegenständen einen neuen Wert zu geben, ohne – wie beim Recycling – ihre Qualität zu verringern („down-cycling“). Ein fast schon klassisches Beispiel aus dem Bereich des Möbeldesigns ist der Rag Chair des niederländischen Designers Tejo Remy, der aus ausrangierten Kleidungsstücken gefertigt wird. Zahlreiche Upcycling- und D.I.Y. Blogs im Internet (einige Beispiele siehe unten) zeugen von der nach wie vor wachsenden Beliebtheit des Konzeptes auch unter „Hobby-Bastlern“.

3 gute Gründe für Upcycling im Kunstunterricht:

  1. Upcycling bietet einen hohen Motivationsfaktor, denn es hat zum einen in vielerlei Hinsicht praktische lebensweltliche Relevanz und lädt zum anderen zum Experimentieren mit unterschiedlichsten Materialien ein
  2. Upcycling kann als handlungsorientierte Einführung in das Thema Design vom Entwurfsprozess bis zur Produktanalyse (oder umgekehrt) dienen
  3. Upcycling ist ein idealer Aufhänger um Nachhaltigkeit und das Entwickeln von Alternativen zu unreflektiertem Konsum, insbesondere in der Vorweihnachtszeit, zu thematisieren und Schülerinnen und Schüler zum aktiven, selbstbestimmten Handeln anregen

Erfahrungen aus der Oberstufe: Design und Nachhaltigkeit als Projektfachkurs

In einem Oberstufenkurs, den wir 2012/13 dem Themenkomplex „Design und Nachhaltigkeit“ widmeten, begannen die Schülerinnen und Schüler mit Produktanalysen (Beispielaufgabe Podcast), gefolgt von Recherchen zum Upcycling-Konzept und Untersuchungen zum eigenen Wegwerfverhalten, welche im Sammeln und Analysieren von zur Weiterverwendung geeignetem „Abfall“ und folgender Erfahrung der Schülerinnen und Schüler mündeten: „Ich denke jetzt zweimal nach, bevor ich etwas in den Müll werfe“.

Material & Ideenfindung
Material & Ideenfindung

Aus den Materialbeobachtungen und Verarbeitungsexperimenten entstanden erste Ideen. Zusätzlich diente ein Exkurs zum Thema Kreativtechniken der Ideenfindung. Vieles wurde dann überarbeitet und weiterentwickelt, anderes verworfen.

Upcycling: Notizblock aus Teebeutelpapieren
Upcycling: Notizblock aus Teebeutelpapieren
Teebeutel-Notizblock in der Luxus-Variante

Erste fertige Produkte – eine Pappmöbelserie, Skizzenbücher aus Schmierpapier, Portemonnaies aus Tetra-Paks – wurden bald kritischen Analysen unterworfen. An dieser Stelle ließen sich fachtheoretische Aspekte einbinden bzw. wiederholen, wie z.B. die Funktionen von Design und deren Analyse.

Die Facharbeit, die von einigen geschrieben wurde, entstand nebenbei als Dokumentation und kritische Reflexion der eigenen Idee, des Arbeitsprozesses und des Upcycling-Konzeptes. So wurden neben den Fähigkeiten im Bereich der Produktion auch das Präsentieren und Reflektieren von Arbeitsergebnissen gefördert. Zur Anregung hier ein Beispiel für die Formulierung einer Semesteraufgabe als pdf (70MB) inklusive Vorschlag für einen Bewertungsbogen.

Hinweis: Das Thema eignet sich auch für die Gestaltung des 2. Kurssemesters der gymnasialen Oberstufe: Lebensräume und Alltagskultur (Kerncurriculum Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern), mit dem Schwerpunkt Design – Produktgestaltung sowie dem Ergänzungsbereich Veranstaltungskonzept bzw. alternativ Ausstellungsgestaltung oder Kampagne / Werbung.

Für die Arbeit in der Sekundarstufe I bietet es sich an, den theoretischen Teil zugunsten der praktischen Arbeit, des Experimentierens und Erprobens verschiedener Materialien zu reduzieren, auf eine umfangreiche Präsentation mit Reflexion sollte aber keinesfalls verzichtet werden. Oder wie wäre es mit einer kleinen Weihnachtsgeschenke-Bazar-Aktion in der Hofpause?

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5 Kommentare

  1. Liebe Maria, deine Seite finde ich sehr anregend. Zum Thema Upcycling schreibst du: „Zur Anregung hier ein Beispiel für die Formulierung einer Semesteraufgabe als pdf, …“ – ich kann es aber leider nicht finden. Kannst du mir evtl. helfen? – Danke, lg, Anne

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